In den vergangenen Tagen war einigen Medien zu entnehmen, dass im neuen ORF-Gesetz, das derzeit im Verfassungsausschuss des Nationalrates diskutiert wird, auch massive Einschränkungen beim Online-Angebot des Österreichischen Rundfunks festgeschrieben werden sollen. Der dramatischste Einschnitt: der ORF Futurezone droht das Aus. Dieser Passus wurde auf Betreiben der österreichischen Zeitungsverleger formuliert. Die wollen den unliebsamen Mitbewerber auf ein Mindestmaß zurück gestutzt sehen. Der ORF soll online keine „vertiefenden Angebote“ mehr bringen, die nicht direkt „sendungsbegleitend“ sind. Das ist das Todesurteil für eine österreichische Online-Institution, die im Kern öffentlich-rechtlicher ist als viele andere ORF-Angebote.
Die Redakteursvertretung von ORF Online hat das Selbstbild der FuZo in einer Aussendung folgendermaßen formuliert:
„Die Futurezone ist ein öffentlich-rechtliches Angebot mit den Schwerpunkten Netzpolitik und Bürgerrechte im digitalen Zeitalter.
Sie ist als Vermittler relevanter Themen der Informations- und Kommunikationstechnologien einzigartig.“
Das ist vielleicht etwas dick aufgetragen. Im Kern stimmt es aber. Auch Christoph Chorherr von den Grünen meint in einem Blogbeitrag:
„Die Futurezone hat eine wichtige Rolle als Übersetzer. Sie vermittelt zwischen den Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnologien, der Politik und den Bürgern.Die Relevanz dieses Politikbereichs wird in Zukunft weiter wachsen. Komplexe Themen wie Vorratsdatenspeicherung, SWIFT-Abkommen, Roaming-Verordnung und Frequenzzuteilungen wurden in der Futurezone aufgegriffen, die mühsame Arbeit der Sachpolitik für interessierte Bürger ziemlich gut dargestellt. Da sich die Futurezone auch im Ausland einen guten Ruf als verlässliche Informationsquelle erworben hat, ist sie auch ein wichtiger Vermittler für österreichische Positionen in Europa.“
Nun bin ich nicht nur interessierter Bürger sondern auch jemand der sich für neue Technologien interessiert und zusätzlich auch noch Pressesprecher eines Technologie-Unternehmens. Welches Kapperl ich mir auch aufsetze: die Futurezone ist mir unverzichtbarer Teil meines Medienkonsums und meiner Arbeit geworden. Als Konsument kann ich sagen, dass die FuZo eines der interessantesten Medien im deutschsprachigen Raum ist, weil es einen wirklich guten Überblick über die meisten Themen bietet, die im weitesten Sinne mit Informationstechnologien zu tun haben und zudem gut recherchierte Geschichten. Mag sein, dass sie schon etwas angegraut ist was die Features betrifft (die Optimierung für mobile Nutzung hat sie etwa komplett verschlafen), aber redaktionell ist ihr nichts vorzuwerfen. Absolut nichts. Gleiches Bild, wenn ich die FuZo durch die professionelle Brille betrachte. Es gibt kein großes Thema aus meiner Branche über das nicht fachlich fundiert berichtet würde und als Unternehmen werden wir überaus fair behandelt. Werden kritisiert, wenn Kritik angebracht ist, können unsere Sicht der Dinge darlegen und was wir als tolle Innovationen feiern wird fundiert in einen Gesamtzusammenhang gesetzt – und relativiert. „Copy and Paste“ ist bei der FuZo weitgehend tabu (Ausnahme Agenturmeldungen – aber das gilt ohnehin für alle Medien) werden und die sowohl die Haltung der Redakteure als auch ihre Geschichten sind idealtypisch „öffentlich-rechtlich“.
Die Begriffe „Ausgewogenheit“ und „Objektivität“ sind an sich ja problematisch. Der öffentlich-rechtliche Auftrag ist aber letztlich an diesen Idealen orientiert. Die FuZo ist aus meiner Sicht diesen Idealen näher als zum Beispiel der Zukauf von US-amerikanischen Fernsehserien. Ohne Zahlen zu haben, gehe ich davon aus, dass der ORF für derlei mehr Geld (aus GIS-Gebühren und Werbung) ausgibt als für die Aufrechterhaltung des Redaktionsbetriebes in der FuZo. Hier der Auszug aus dem ORF Gesetz:
Der Auftrag umschließt
„die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen
durch
a) objektive Auswahl und Vermittlung von Nachrichten und Reportagen, einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und der Übertragung ihrer Verhandlungen,
b) Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen
unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen
Leben vertretenen Meinungen,
c) eigene Kommentare und Sachanalysen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität;
Christoph Chorherr meint:
„Nicht die Futurezone abschaffen – der ORF gehört auf Angebote wie die Futurezone verpflichtet.“
Dem kann ich nur zustimmen. So lange es einen öffentlich-rechtlichen Auftrag für den ORF gibt, kann dieser nur umfassend verstanden werden. Ihn beim Online-Angebot zu beschneiden heißt letztlich, diesen Auftrag selbst zur Disposition zu stellen. Welche Buzzwords man auch immer zur Beschreibung unserer Gesellschaft verwenden will („Informationszeitalter“, „Wissensgesellschaft“ you name them)- Faktum ist, dass Informationstechnologien eine elementare Rolle darin spielen. Darüber muss berichtet und diskutiert werden und zwar in einer adäquaten Form. Und die Form kann nur ein Online-Medium sein. Sollte das nun wie geplant nicht mehr der Fall sein, klammert man einen der wichtigsten gesellschaftlichen Aspekte aus dem Programm-Auftrag des ORF aus.
Daher meine Formel:
Wenn öffentlich-rechtlich dann auch online, wenn online dann auch Futurezone.