Drei Musik-Perfektionisten nehmen Hunderte von Loops auf. Jede dieser Miniaturen könnte Teil eines perfekten Pop-Songs sein. Doch wer will das heute schon?
Menomena: „Mines“ (City Slang)
Portland, Oregon ist vielleicht nicht das Zentrum der Welt. Musik-Connaisseure entdecken dort aber seit Jahrzehnten eine blühende Musikszene, die sich lustvoll an den Rändern des Pop betätigt. The Decemberists, Gossip oder Adrian Orange kommen aus Portland. Modest Mouse, The Shins oder Stephen Malkmus von Pavement gingen dort hin. Und eben auch das Dreiergespann Menomena, das mit einer geradezu überbordenden Lust die Essenz des Pop erforscht, ihn in seine Bestandteile zerlegt und ihn dann lose wieder zusammen setzt . Die Bruchlinien bleiben hörbar, sind Teil des Plans. Spätestens seit „Friend and Foe“ ist der Dreier auch hierzulande ein Begriff. Mit „Mines“ werden sie wohl Eingang in die Sammlungen zahlreicher Freunde von sperrig verschrobenem Indie finden. Und sie werden dort glänzen.
Menomena beschreiben ihre Arbeitsweise als demokratisch. Das Tool für die Entwicklung ihrer lose montierten Tracks nennt sich Deeler. Mit dieser Loop-Recording Software gelingt es den einzelnen Musikern, ihre Position in einem Track mehrfach zu wechseln, melodische Elemente punktgenau mit Störelementen zu versehen und so jeden Track zu einem vielschichtigen Kunstprodukt zu machen. Dabei sind sie aber immer um Lakonie bemüht. So behalten selbst die vielschichtigsten Stücke des Albums ihre Leichtigkeit. Die Vertracktheit zielt nie auf den Intellekt, immer auf die Emotion. Das Leben ist nun mal widersprüchlich meinten sie einmal in einem Statement. Diese Widersprüche thematisieren Menomena (die richtige Aussprache des Bandnamens soll übrigens der puren Sexiness geschuldet sein) mit geloopten Drums und Basslinien. Rundherum improvisieren sie mit Piano, Moog und Saxophon, lassen sich manchmal zu lärmigen Eskapaden hinreißen. Die melodischen Gesangsparts (auch die Präsenz hinterm Micro folgt dem demokratischen Gedanken) halten die luftigen Konstrukte zusammen. So stellt sich Menomenon mit „Mines“ in eine Reihe mit Größen wie The Flaming Lips, Mercury Rev oder Spoon. Wird getaggt mit: vielschichtig, subtil, bunt, offensiv, Portland.
8/10
Diese Rezension habe ich für die 108. Ausgabe von The Gap – Magazin für Glamour und Diskurs geschrieben.