Ich habe den Befund noch immer, der mir damals 2002 einen riesigen Schrecken und zwei schlaflose Nächte bereitet hat. Arachnoidalzyste stand da drauf. Arachnoidalzyste! In meinem Kopf!
Ich hatte damals dauerhafte, rasende Kopfschmerzen, kombiniert mit Schwindelgefühl. Sehr unangenehm. Auf der Suche nach den Ursachen schickte mich mein Hausarzt auch zum „CT des Hirnschädels“. Gemacht habe ich das in einem Ambulatorium. Dort waren die Bilder dann auch abzuholen. Ihnen beigelegt war ein Zettel auf dem stand unter anderem:
„Im Bereich der Inselzisterne links zeigt sich eine rundlich konfigurieren Hypodensität von unser 1 cm DM, möglicherweise einer Arachnoidalzyste entsprechend.“
Und weiter unten in der Ergebnis-Rubrik:
„Verdacht auf kleinste Arachnoidalzyste in der linken Inselzisterne“
Arachnoidalzyste!
Immer wieder starrte ich auf den Zettel in meinen zitternden Händen. Was eine Zyste ist, wusste ich so ungefähr. Ich erinnerte mich auch an die Arachnoide, über die ich als Kind in den Perry Rhodan-Heftln meines Vaters gelesen hatte. In Kombination klang das nicht gut. Gar nicht. Mangels Internet auf meinem Handy (UMTS wurde erst ein Jahr darauf eingeführt) hatte ich keine Recherchemöglichkeit, um Näheres herauszufinden. Ich ging also nach Hause mit meinen rasenden Kopfschmerzen und diesem bedrohlichen Ding in meinem Kopf. Dort befragte ich das Festnetzinternet, bekam aber auch keine zufriedenstellenden Antworten. Googelte hin und her und auf und ab. Nichts, was mir irgendwie sagen konnte, wie gefährlich dieses Spinnending in meinem Hirnschädel tatsächlich war. Einfach nichts. Ich wusste nur: „Da ist etwas in meinem Kopf und das sollte dort nicht sein.“ Die Gedanken begannen sich zu drehen. Lähmungserscheinungen, vielleicht auch Blindheit – das Ding könnte ja auf das Sehzentrum in meinem Hirn drücken, Chemotherapie, Schädeloperation, Dämmerzustand in Demenz, Siechtum, Tod. Und wenn ich eine Runde im Gedankenkarussell fertig gedreht hatte, startete ich die nächste. Bei der erhöhte ich dann die Geschwindigkeit und stellte zusätzlich noch meine kleine Tochter an das offene Grab. Sie warf mir Gänseblümchen auf den Sarg.
Gestern habe ich erneut nach Arachnoidalzyste im Internet „gestartpaged“ [1]. Das erste Suchergebnis führt auf Wikipedia und dort steht:
„Arachnoidalzysten sind angeborene, gutartige Hohlräume im Zentralnervensystem, das heißt im Gehirn oder dem Rückenmark, die mit Hirnwasser gefüllt sind.“
Das hat mir mein Hausarzt damals auch gesagt. Auf den Termin zu dieser erlösenden Befundbesprechung habe ich eineinhalb Tage und zwei schlaflose Nächte gewartet. (Keine Ahnung, warum ihn nicht einfach angerufen habe.) Ich habe gezittert und heimlich geheult. Heute ist das Internet besser als damals. Und es kann noch besser werden, wenn man es lässt.
Das ist mein Beitrag zur twenty.twenty-Blogparade. Das Thema dieses Mal ist „DIY- Health“. Eigentlich hätte ich da was zu „Quantified Self“ schreiben wollen. Aber zum Trend, sich laufend an irgendwelchen Standards und Normen messen zu wollen und seinen Körper zu vermessen fallen mir nur Argumente ein, mit denen ich mich nach Godwin’s Law schuldig machen würde. Glücklicherweise habe ich auch keine chronische Krankheit bei deren Bewältigung mich eine App unterstützen muss. Bei meinen Rückenproblemen hilft erst recht nur regelmäßige Bewegung und keine App, die mich daran erinnert, dass ich zu wenig Zeit habe, Sport zu betreiben. Und von ELGA habe ich mich auch schon abgemeldet.
P.S. Die Kopfschmerzen sind auch schon besser. Die Ursache waren Nackenverspannungen. Danke der Nachfrage!
[1] Googeln mit Google-Technologie aber mehr Privatsphäre: https://startpage.com/