Da jetzt ohnehin schon so gut wie alle heimischen Medien aufgeregt im Sommerloch herumrudern, das sich nach Andreas Gabaliers unkorrekter Interpretation unserer unzeitgemäßen Hymne (Brüder? Schwestern? Hämmer? Dome?) aufgetan hat, muss ich auch noch was zur aktuellen Genderdebatte beitragen. Ich gestehe: Ich verwende kein Binnen-I.
Der Begründung möchte ich vorausschicken: Ich bin ein Mann, hetero, mit Bauchansatz. Und ich bin kein Sprachwissenschaftler. Ersteres muss gesagt werden, weil damit gleich einmal klargestellt ist, dass ich aus der bequemen Position eines argumentiere, der auf der Schokoladenseite zu Hause ist und nicht auf der Seite der Frauen, die nach wie vor gesellschaftlich benachteiligt sind. Letzteres ist wichtig, weil ich nicht nachweisen kann, wie weit Sprache Bewusstsein schafft und umgekehrt. Aber ich mache was mit Worten. Ich bin ein Lohnschreiberling, ein Verfasser von Gebrauchstexten. Als solcher bemühe ich mich immer, so zu schreiben, dass die Leserinnen und Leser auch verstehen, was gemeint ist. Dafür werde ich schließlich bezahlt.
Ich schreibe, was ich meine.
Wenn ich Frauen mitmeine, dann erwähne ich sie auch. Wenn meine Kundinnen und Kunden der Meinung sind, dass das nicht nötig sei, so muss ich das zur Kenntnis nehmen. Ich versuch’s aber immer und immer wieder, die Gemeinten in die Texte einzubauen. Das ist kein „Genderwahn“, sondern eine Selbstverständlichkeit für mich. Dazu zwingt mich keine „radikale Minderheit“, die mir und dem Rest der Mehrheit etwas aufzwingen will. Überhaupt finde ich diese Argumentation ziemlich daneben. Würden wir dieser Logik konsequent folgen, gäbe es keinerlei Veränderungen in unserer Gesellschaft. Sind es nicht schon oft die Wenigen gewesen, die aufgestanden sind, und die Zustimmung der Mehrheit für ihre Ideen und Anliegen bei der Mehrheit gesucht haben? Hat Martin Luther King der weißen Mehrheit etwas aufgezwungen als er mit einigen wenigen gegen Rassismus aufgestanden ist? Nein, hat er nicht! Es ist wichtig und richtig, dass Menschen auf gesellschaftliche Ungerechtigkeiten hinweisen. Und wenn sie die Sprache als Beispiel dafür verwenden, so muss das auch gestattet sein. Es muss auch gestattet sein, Binnen-Is, Sternderl oder Underscores zu verwenden, um die Ungleichbehandlung von Frauen sichtbar zu machen. Diejenigen, die nach Normen rufen und Politikerinnen und Politiker zum Handeln aufordern, vergessen dabei, dass ohnehin keine Sanktionen drohen, wenn sich jemand nicht dran hält. Oder wollen sie etwa auch orthografische Fehler ahnden? Dann hätten sie viel zu tun.
Ich verwende aber kein Binnen-I.
Der Grund dafür ist simpel: Ich wüsste nicht, wie das ausgesprochen werden soll. Meine Texte sollen laut gelesen Sinn ergeben und verstanden werden. Als Lohnschreiber muss ich oft Texte abgeben, die eine vorgegebene Zeichenanzahl nicht überschreiten. Ich gehe jede Wette ein, dass ich bestehende Texte so umschreiben kann, dass alle, die darin gemeint sind, auch drin vorkommen, ohne dafür mehr Anschläge zu brauchen. Für Überschriften, wo der Platz besonders knapp sind, kann ich sicher auch geschlechtergerechte Formulierungen finden, die den Sinn korrekt wiedergeben. Und wenn ich das kann, dann können andere das auch! In diesem Sinne: Regt euch nicht so auf!