Manchmal ist es ganz hilfreich, Dinge auf sich selbst zu beziehen, auch wenn man gar nicht gemeint ist. Ich mache das seit einigen Tagen mit dem Begriff der „Integrationsunwilligkeit“. Die Geschichte, die mit diesem Wortungetüm erzählt werden soll, geht in etwa so: Kein Problem, wenn Menschen von irgendwoher zu uns kommen, solange sie sich so benehmen, wie wir das wollen. „Wir“ sind immer diejenigen, die glauben, die Mehrheit zu repräsentieren.
Nun bin ich zwar kein Revolutionär, aber ich nehme für mich in Anspruch, nicht immer mit dem Strom zu schwimmen. Das wird mir größtenteils zugestanden. Ich bin ein bisschen stolz darauf, so was Ähnliches wie eine Karriere gemacht zu haben, ohne mir jemals eine Krawatte umzubinden. Ich trage einen struppigen Bart und sehr oft Kopfbedeckungen. Und ich reiße meinen Mund manchmal etwas weiter auf als andere. Andere Menschen, die Bärte oder Kopfbedeckungen in Form von Kopftüchern tragen, gelten vielen als nicht ganz optimal integriert. Trotzdem: Ich darf das. Bei anderen, die nicht per Dokument und eigentlich eh schon seit Generationen Österreicherinnen und Österreicher sind, wird das in anderer Weise thematisiert als bei mir. Vor allem, wenn sie ihren Mund aufmachen und etwas rauskommt, das nicht Deutsch bzw. Österreichisch ist.
Wenn diese Menschen dann auch noch gegen weitere Regeln oder gar Gesetze verstoßen, wird recht schnell der Ruf laut, sie müssen sich jetzt integrieren oder man würde versuchen, sie loszuwerden. Würde ich mich ähnlicher Vergehen schuldig machen, hätte ich die dafür vorgesehenen Konsequenzen tragen: Eine mehr oder weniger gerechte Strafe, schlechtere Karrierechancen, ein bisschen Ausgrenzung. Aber niemand würde die Integrationskeule vor meinen Augen schwingen. Mit Abschiebung könnte mir ohnehin niemand drohen.
Ehrlich: Ich bin froh darüber, dass unsere Gesellschaft mir das Recht zugesteht, ein wenig unangepasst zu sein. Noch froher wäre ich, wenn dieses Recht gleichermaßen für alle Mitglieder unserer Gesellschaft gelten würde. Wenn Integration als Zwang empfunden wird, sind Abwehrreaktionen bis zu einem gewissen Grad verständlich. So wie ich gerne viele Angebote bekomme und manche davon – durchaus im Bewusstsein der Konsequenzen, die das bringen kann – nicht annehme, müssen auch Menschen, die ihre Wurzeln nicht in Österreich haben, Angebote bekommen. Sie müssen aber auch die Möglichkeit haben, sie nicht anzunehmen. Und wenn sie gegen Regeln verstoßen, sollten sie keine härteren Konsequenzen fürchten müssen als ich. Alles andere reißt genau die Gräben auf, die die gutmeinenden Integrationsbefürworter eigentlich überwinden wollen.