Mudhoney: Spiel mir das Lied von der Entäuschung

Das sind nicht Mudhoney
Das sind nicht Mudhoney

Mag sein, dass ich mir einfach zu viel erwartet habe als ich gestern Abend in die Arena fuhr. Aber Mudhoney sind für mich sowas wie die Brücke in meine Jugendzeit. Das lebende Beispiel dafür, dass man sich dem Erwachsenwerden entziehen kann. Fuzz-Gitarre, treibendes Schlagwerk und der Welt eine Riesenportion Verachtung vor die Füße gespuckt. „Touch me I’m sick“ hiess das vor einigen Jahren. Auch auf dem letzten Album gibt sich Mark Arm als Role-Model für gelebte Renitenz.
Ich hatte mich also eingestellt auf jede Menge verschüttetes Bier, einen Lautstärkepegel am Rande der Schmerzgrenze, kreischende Gitarrenfeedbacks und breitbeinige Posen. 
Doch es kam anders: Auf der Bühne standen Männer, die Mudhoney zum Verwechseln ähnlich sahen. Professionelle Musiker, die den Sound der frühen 90er recht gut nachstellten. Apropos Sound: der war in der Arena-Halle perfekt abgemischt und vor allem im ersten Teil klangen die Songs fast wie … auf dem neuen Album. Im zweiten Teil widmeten sich die Musiker dem Frühwerk der Band. Der Sänger war peinlich darauf bedacht, dass kein Schweißtropferl seine aufgefönte Mark Arm Frisur zerstörte. Ich schloss die Augen. In der Tat: die Stimme des Darstellers klang wirklich so blechern wie die des kopierten Helden meiner Jugendtage. Ich öffnete die Augen. Da waren doch glatt zwei Schauspieler engagiert worden, die enthusiasmierte Fans spielten und sich mit nacktem Oberkörper in der in Vergessenheit geratenen Kunst des Stage-Diving übten. Ich genehmigte mir sicherheitshalber noch ein Erfrischungsgetränk und hoffte, dass mich die Illusions-Show letztlich doch überzeugen würde. Die Leute rund um mich schienen nicht zu merken was hier vorging. Und irgendwann war ich dann so weit: Ich beruhigte mich mit der Feststellung, dass diese schale Kopie zumindest etwas besser war als zu Hause „Superfuzz Bigmuff“ am Plattenteller zu haben.

Nach oben