Bei meinen Recherchen zum Thema „Tod im Netz“ (so der Titel der nächsten Ausgabe von twenty.twenty) bin ich auf eine kleine skurrile Geschichte gestoßen.
Die Suchmaschine meines Vertrauens hat allerhand Links ausgeworfen, die auf ein Service mit dem Namen „My Webwill“ verweisen. Klingt interessant denkt sich der Werquer. Medien in aller Welt haben 2010 und 2011 über ein schwedisches Start-up berichtet, das die Verwaltung des digitalen Nachlass zum Geschäft machen wollte. Die Dienstleistung sollte nicht nur darin bestehen, dass beim Anbieter die Zugangsdaten für sämtliche genutzten Online-Services für die Nachfahren hinterlegt werden. Lisa Granberg und Elin Tybring, die Gründerinnen von „My Webwill“, wollten darüber hinaus auch „die verschiedenen Orte des digitalen Alltagslebens“ bearbeiten.
Im Gründungsland Schweden und in Deutschland war sogar eine Kooperation mit den Behörden vorgesehen. Sie sollten „My Webwill“ direkt über den Tod einer Nutzerin bzw. Nutzers informieren.
Das hat großes mediales Echo hervorgerufen. Nicht nur die einschlägigen Online-Medien haben darüber berichtet, sondern beispielsweise auch Bild.de:
„Eine schwedische Firma bietet mit myWebwill Hilfe für die Verwaltung der Internet-Profile. Jeder kann sich (zu Lebzeiten) anmelden, eine Art Internet-Testament regelt dann, an wen die wichtigen Passwörter geschickt werden. Es erlaubt dem Dienst auch, Netzwerk-Profile zu löschen oder in eine Erinnerungsseite umzubauen. Wer myWebwill bucht, muss einmalig 125 Euro bezahlen, danach einen Jahresbeitrag von 20 Euro bis ans Lebensende. Der Dienst ist vorerst nur in Schweden online, eine englische Version folgt in Kürze.“
Auch ein Link auf einen österreichischen Blogpost ist zu finden. Hannes Treichl schrieb im Jänner 2010 über das Business-Modell von „My Webwill“:
„Genau hier setzt das Geschäftsmodell des schwedischen Startups My Webwill an: Verlassen wir irgendwann diese Welt, übernimmt das Unternehmen für uns den Abschied in diversen Social Networks.“
Heute ist „My Webwill“ tot. Die Domain steht zum Verkauf und der letzte Tweet ist aus dem Jahr 2011. Er klang noch recht optimistisch, handelte er doch von der Teilnahme an einem „Start-up Day“.
Nun könnte ich natürlich weiter recherchieren, warum und weshalb das Businessmodell nicht erfolgreich war und die beiden Gründerinnen aufgegeben haben. Ich könnte die Geschichte aber auch als Bild stehen lassen, wie mangelhaft „das Internet“ auf den Umgang mit dem Tod seiner Nutzerinnen und Nutzer vorbereitet ist und wie oft es vorkommt, das selbst viel bejubelte Internetdienste immer wieder sterben.
P.S. Das ist mein erster Beitrag zur twenty.twenty Blogparade. Ein zweiter ist im Werden.