Eines gleich vorweg: Ich bin keiner, aber ich kenne einige Nerds – also besonders „in Computer, Science-Fiction oder andere Bereiche aus Wissenschaft und Technik vertiefte Menschen“. Ich kenne auch einige, die die „begleitende Eigenschaft“ des überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten aufweisen. In letzter Zeit habe ich den Eindruck gewonnen, dass sie irgendwie resignieren. Sie vertrauen ihren Spielzeugen nicht mehr.
Bis vor kurzem war das Narrativ zum Internet positiv grundiert. Die Nerds haben in dieser Geschichte eine wesentliche Rolle gespielt. Sie haben vorgezeigt, wie man sich durch geschickten Einsatz von Technologien Freiräume verschaffen kann. Sie haben vorgelebt, wie man geniale Dinge im Netz ohne straffe, zentrale Projektorganisation umsetzt (Wikipedia, Bitcoin, you name them….). Die Nerd-Kultur ist eine Kultur des Experiments und des spielerischen Umgangs mit Technologien. So mancher Nerd hat mit einem Hack Sicherheitslücken in einem System aufgezeigt und die Betreiber so gezwungen, diese zu schließen.
Kein Nerd hat jemals behauptet, das alles im Netz gut ist. Doch jeder hatte eine Idee, wie man es sich darin halbwegs bequem einrichten kann, wo man eine Alternative zu einer Software oder Plattform findet, die sorgsamer mit den eigenen Daten umgeht, wie man mit ein paar einfachen Tricks verhindert, dass das Notebook oder Smartphone „nach Hause“ telefoniert.
Das hat sich gewandelt. So ist zumindest meine Beobachtung. Durch die Enthüllungen von Edward Snowden ist bekannt geworden, dass das Ausmaß der Überwachung im Netz größer ist als in den düsteren Geschichten derer, die es ohnehin schon immer wussten. Das Netz ist ein ungemütlicher Ort geworden. Sich darin ein gemütliches Plätzchen zu schaffen, ist heute de facto unmöglich. Kein Wunder, dass da die Lust am Experimentieren und Spielen sinkt. Und so beschäftigen sich die Menschen mit der begleitenden Eigenschaft des überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten weniger damit, das Maximum aus ihren Spielzeugen herauszuholen, sondern mit Encryption.
Regierungen – allen voran die US-amerikanische – behaupten, dass ihre flächendeckenden Überwachungsmaßnahmen und ihre Vorratsdatenspeicherung der Terrorismusbekämpfung dienen. Nennenswerte Erfolge können sie nicht vorweisen. Allerdings haben sie jede Menge Kollateralschäden angerichtet. Einer davon ist, dass diejenigen, die bislang Technologie am konsequentesten als Enabler für mehr individuelle Freiheit gedacht und eingesetzt haben, ihren Spielzeugen nicht mehr vertrauen können.
So, und jetzt sagt mir bitte, dass meine Beobachtungen falsch sind!
Dieser Text ist ein Beitrag zur twenty.twenty-Blogparade, bei der Mal die Frage nach dem „Digitalen Vertrauen“ gestellt wurde.