Bevor ich über meine Erfahrungen mit dem EBike, das keines ist, berichte, muss ich noch zwei Vorwörter loswerden.
Vorwort Nummer 1
Ich muss den Inhalt eines meiner früheren Blogposts teilweise widerrufen. Ich wüsste zurzeit sehr viel mit einem EBike anzufangen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ich umgezogen bin. Wieder in einen Altbau, aber in einen, der mit Umsicht und Verstand renoviert wurde. Das Haus hat jetzt eine Rampe, über die man mit dem Rad bequem in einen Fahrradabstellraum kommt. Ich will ja nicht behaupten, dass wir die Wohnung nur deswegen genommen haben, aber gut finde ich das schon.
Vorwort Nummer 2
Ich bin mit meinem #EBikeTest Teil einer aktuellen Kampagne von Wien Energie. Die besagt, dass „Natur Strom tanken würde“ . Mit der Kampagne und mit 30 Ladestationen in Wien und Wien Umgebung setzt der Energieversorger ein klares Signal Richtung Elektromobilität. Stimmt schon, Elektromobilität ist viel „sauberer“ (insbesondere wenn Strom aus erneuerbaren Energiequellen dafür verwendet wird), der Wirkungsgrad von Elektromotoren ist um ein Vielfaches höher als der von Verbrennungsmotoren und auch die Lärmbelästigung durch Elektroautos ist deutlich geringer. Die Botschaft „Verbrennungsmotoren raus, Elektromotoren rein“ halte ich trotzdem für arg verkürzt und nicht zielführend. Wie die aktuelle Diskussion um das Parkpickerl in Wien zeigt, braucht es deutlich umfassendere Konzepte in der Verkehrspolitik. Hier nur einige Stichworte für integriertes Mobilitätsmanagement: Fahrzeuge teilen statt besitzen, Ausbau der Verkehrswege für Fußgänger und Radfahrer (vor allem in dicht besiedelten Gebieten), Ausbau des öffentlichen Verkehrs, bessere Schnittstellen zwischen Individual- und öffentlichem Verkehr, Verkehrssteuerung…. Doch darum soll es hier nicht gehen. Es geht um den Test eines EBikes, das keines ist.
#EBike oder Pedelec?
Die Wien Energie hat mir ein Fahrrad der Type KTM eRace zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um ein so genanntes Pedelec. Bei diesen Fahrrädern unterstützt der Elektromotor beim „Pedalieren“. Dieses Wort habe ich erst im Zuge meiner Recherchen für diesen Beitrag kennen gelernt und alleine dafür bin ich der Wien Energie schon sehr, sehr dankbar. Wikipedia ist nicht ganz eindeutig, aber man könnte aus der Begriffsdefinition herauslesen, dass EBikes (korrekte Schreibweise e-Bikes) nur Fahrräder mit einem echten Antriebsmotor sind, während Pedelecs einen Motor haben, der die Tretkraft „nur“ verstärkt. Andere, wie etwa der Allgemeine Deutscher Fahrrad-Club e.V., sind hier schon eindeutiger. (Hier geht’s zu deren Begriffsdefinition.)
Wie auch immer: Ohne Muskelkraft geht bei dem von mir getesteten Rad gar nichts. Und das ist gut so. Weil? Ganz einfach: Bislang war ich ein überzeugter Verfechter des Vorurteils, dass Elektrofahrräder die Qualität alkoholfreien Bieres haben. In meinem Weltbild waren sie bis vor kurzem hauptsächlich Fahrzeuge für ältere Menschen, die so tun wollen als würden sie Rad fahren. Mitnichten! Der Motor des Pedelec verweigert nämlich seine Unterstützung ab 25 km/h. Somit muss ein sportlicher Radfahrer wie ich ordentlich in die Pedale treten, um die Geschwindigkeiten zu erreichen, mit denen er sich bewegen will. Dafür gilt das Fahrzeug aber als normales Fahrrad und braucht keinerlei Zulassung. ABER: Wer ein wenig Eindruck am Berg oder an der Verkehrsampel schinden möchte, bekommt vom vierstufig regulierbaren Motor doch Unterstützung, die Freude macht. Große Freude sogar. Ein paar kräftige Tritte in die Pedale auf Stufe 4 und man fühlt sich ganz so wie Henry Rollins dereinst ins Mikro brüllte „part animal part machine“. Und hinter mir die mit der hängenden Zunge.
Zwei Fahrstile
Nach einer relativ kurzen Gewöhnungsphase konnte ich mir zwei Fahrstile zurechtlegen.
- Der Business-Style: Bislang habe ich es eher vermieden, mit meinem (konventionellen) Fahrrad zu Terminen zu fahren, weil ich dort meist einigermaßen verschwitzt ankomme und ich das meinen Gegenübern nicht zumuten will. Mit der höchsten Unterstützungsstufe des Pedelec-Motors gelingt es aber, in halbwegs brauchbarem Zustand zu einem Termin zu rollen.
- Der „Part Animal Part Machine Style“: Was soll ich sagen? Nichts mit alkoholfreiem Bier und Pensionisten-Fahrstil. Wer die Möglichkeiten des Pedelec optimal ausnutzt, hebt einfach die Geschwindigkeiten beim Anfahren und bergauf. Wer jetzt an quietschende Reifen an der Kreuzung denkt, liegt nicht ganz falsch.
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Technische Besonderheiten
Dem Testbericht auf Bikeboard.at ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Ich möchte nur einen Punkt hervorheben. Der Motor bietet die Möglichkeit der Rückgewinnung von Strom. Mit einer Art Motorbremse verwandelt sich der Motor in einen Generator und verlängert damit die Reichweite um ca. 15 %.
Mein Fazit
Das Konzept Pedelec ist durchaus durchdacht und eignet sich sowohl für den Stadtverkehr als auch für den sportlichen Einsatz. Mit einer Akkuladung bin ich ca. 50 km gekommen (hauptsächlich war ich im Part Animal Part Machine Style unterwegs.) Das Handling ist noch etwas verbesserungswürdig. Der Akku rastet beim Einsetzen oft nicht ganz ein, was dazu führt, dass er beim Überfahren einer Bodenwelle den Kontakt verliert und einem damit der Strom wegbleibt. Zusätzlich hatte ich auch noch Probleme bei Laden des Akkus. Erst dachte ich ja, es lag an mir, dass das Ding immer piepste wie ein altes Analog-Modem. Nach mehreren erfolglosen Aufladeversuchen habe ich dann etwas gegoogelt und festgestellt, dass der Trafo, den ich von Wien Energie bekommen habe, nicht die Spannung liefert, die der Akku braucht. Der war definitiv falsch. Ich habe daher die Zusage bekommen, dass ich später im Juli noch ein paar Runden mit dem EBike, das keines ist, drehen kann.
Das führt mich aber zu einer viel grundsätzlicheren Überlegung: In der Mobilfunkbranche hat es viele Jahre gedauert, bis man sich auf einheitliche Ladestecker und einheitliche Ladespannung geeinigt hat. Die EBike-Branche scheint nun die selben Fehler zu machen. Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur lässt sich – auch im Sinne eines integrierten Mobilitätsmanagements – leichter realisieren, wenn man aus den Blödheiten der Mobilfunkbranche lernt.
Danke an Wien Energie für die Testmöglichkeit! Ich bin überzeugt. Nicht restlos, aber doch.
[1] Wer sich für das gesamte Ökosystem Elektromobilität interessiert, sollte sich die deutsche Studie „OPTUM: Optimierung der Umweltentlastungspotenziale von Elektrofahrzeugen – Integrierte Betrachtung von Fahrzeugnutzung und Energiewirtschaft“ zu Gemüte führen. Vom österreichischen Umweltbundesamt gibt es auch eine Studie, in der Szenarien für die Entwicklung der Elektromobilität gerechnet werden. Die Studie beschäftigt sich aber primär mit der Substitution von konventionellen Fahrzeugen durch Elektromobile.