Es gäbe viel zu sagen über User Interfaces und die Geschichte mit der Übersetzungsleistung zwischen Technologie und deren Anwendern. Da könnte man zum Beispiel trefflich darüber diskutieren, wie Technologieunternehmen im Bestreben, den Umgang mit ihren Produkten zu vereinfachen, die User bevormunden. Wie sie ihnen mit Auto-Complete und anderen Spielereien Dinge unterjubeln, die so nicht bestellt waren. Das treibt dann manchmal seltsame Blüten. Etwa bei der Google-Suche nach dem Namen „Wulff“. Da stellt die Autovervollständigungs-Funktion schon nach Eingabe der Buchstaben „wu“ einen Zusammenhang zwischen „Bettina Wulff“, dem Namen der Frau des ehemaligen Bundespräsidenten, und dem Begriff „Prostitution“ her. Alles für mehr Convenience der User. (Details: Siehe hier.) Doch das ist eine Geschichte, die eh schon von anderen ausgiebig besprochen wird. Mir geht es heute um ein anderes Thema.
Nämlich um das hier:
Solche Bilder finden sich nicht in den auf Hochglanz polierten Marketing-Unterlagen der Hersteller. In denen ist das alles ja immer ganz einfach. Jetzt mögen viele einwenden, dass die leidige Geschichte mit den Steckern, Software-Treibern und der Kompatibilität zwischen Geräten und Funktionen nichts mit User Interfaces zu tun hat. Aus meiner Sicht hat das sogar sehr viel miteinander zu tun.
Ein User Interface ist der Bereich, in dem die User (die ja immer im Mittelpunkt stehen) mit der Technologie interagieren. Die erste Begegnung mit neuen Geräten folgt aber meist nicht den supertollen Interaktionskonzepten, mit denen die Hersteller ihre Produkte bewerben. [1] Zuerst muss man verkabeln, oft auch noch Adapterstecker und Zusatzkabel besorgen und die Geräte mit viel Geduld dazu überreden, dass sie miteinander bzw. mit dem Internet sprechen. Da muss man Treiber herunterladen, die Software gleich mal updaten und so weiter und so fort.
Dafür stehen einem User Interfaces zur Verfügung, die einem die Tränen in die Augen treiben. Auf den Displays der Geräte wie etwa dem hier abgebildeten Fernseher (ein durchaus aktuelles Modell) sieht man Menüs, die in der PC-Welt schon vor Jahrzehnten überwunden waren.
Der Weg in den smarten, vernetzten, multimedialen Haushalt (oder das smarte, vernetzte, multimediale Büro) ist steinig.
Der Grund dafür ist ein industriepolitischer. An den technischen Schnittstellen zwischen den einzelnen Geräten manifestiert sich der harte Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen Herstellern bzw. der Versuch, einzelner Industrieteile (PC, Smartphone, Betriebssystemlieferanten, Softwarehersteller, TV/Audio….) die eigene Einflusssphäre zu möglichst groß zu halten bzw. auszubauen.
Und ich bin als User das Opfer dieser Streitigkeiten! Ich muss das ausbaden und bekomme Produkte, die in sich selbst stimmig, an der Vorderseite hübsch anzusehen und zu bedienen sind, an der Rückseite (nämlich dort wo sieim Zusammenspiel mit anderen echten Mehrwert bringen könnten) aber auf dem Stand von vor 20 Jahren stehen.
Aus meiner Sicht gibt es nur zwei mögliche Lösungsansätze:
- Das herstellerabhängige Ökosystem: Das ist der Weg, auf dem Apple bislang am weitesten vorne ist. Wer sich sein gesamtes Home-Entertainment von Apple liefern lässt, wird sicherlich nicht schlecht bedient. Dabei sollte man sich aber auch bewusst sein, wie sehr man sich von Apple abhängig macht.
- Offene Standards: Das ist sicherlich der erfolgversprechendere Weg. Wenn sich die Hersteller auf Standards für das Interworking zwischen einzelnen Komponenten eines Entertainment- oder Bürouniversums einigen könnten, anstatt ihren Konkurrenzkampf an den Schnittstellen auszutragen, könnte man für diese Schnittstellen auch Software (am besten auf Open Source Basis) entwickeln. Diese wiederum wäre die Grundlage für User Interfaces, mit denen die Anwender das Zusammenspiel all dieser tollen technischen Errungenschaften besser im Griff hätten.
Ich habe ehrlich gesagt keine wirklich zündende Idee, wie man die Elektronikbranche auf diesen Weg bringen könnte. Ich weiß nur, dass sie sich mittel- bis langfristig selbst nichts Gutes tut, wenn sie Mauern aufzieht. Die widersprechen nämlich der Idee der Vernetzung. So lange sich da nichts ändert, so lange die User Interfaces an den Schnittstellen so aussehen wie oben, glaube ich nicht an all die Marketing-Versprechen, denen derzeit das Wörtchen „smart“ vorangestellt wird.
Dieser Text ist ein Beitrag zur twenty.twenty Blogparade „Human Interface. Machine Interface„.
[1] Eine kurze Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten findet sich auf der Website von twenty.twenty.