HeiFi or not HeiFi – Unser demokratiepolitisches Dilemma

Sehr geehrter Herr Fischer,
wir saßen die vergangenen paar Wochen im selben Boot. Zumindest haben wir am selben demokratiepolitischen Dilemma gekiefelt. Sie haben versucht, den Eindruck zu vermitteln, Sie seien ein Präsident für alle Österreicher. Als Wahlkampfstratege hätte ich Ihnen auch geraten, bloß nirgendwo anzuecken, die rechten und wertkonservativen Wähler nicht zu verschrecken, Rosenkranz und Gehring möglichst als Randerscheinung darzustellen und die Mitte zu suchen. Das haben Sie dann wohl etwas zu ernst genommen. Die Worte „Verantwortung“ und „Handeln“ auf Ihren Wahlplakaten sind Worthülsen geblieben. Sie haben mir glaubhaft den Eindruck vermittelt, dass Sie nicht gewillt sind zu handeln. – Und wer nicht handelt, übernimmt auch keine Verantwortung. Ihr Dilemma auf den Punkt gebracht: Sie wollten wieder gewählt werden und das mit der größtmöglichen Stimmenmehrheit. Ein Angebot darstellen für das Wählerreservoir, in dem die rechte Matrone und der konservative Betbruder nach Stimmen fischen und dafür haben Sie mit Ihrer Meinung hinter dem Berg gehalten.
Irgendwie weiß ich aber doch, wo Ihr politisches Herz schlägt, wo Sie herkommen. – Und mangels Alternativen habe ich Sie gewählt. Im Kontext der Bundespräsidentschaftswahlen war das leider meine einzige Möglichkeit zu „handeln“. Ich wollte nicht resignieren und der Wahl fernbleiben oder ungültig wählen. Das wäre nur zum Vorteil von Rosenkranz und Gehring gewesen. – Das war mein Dilemma.
Bald werden Sie für eine zweite Amtsperiode als Bundespräsident angelobt. Ein drittes Mal dürfen Sie nicht antreten. Jetzt haben Sie die Chance, ohne Rücksicht auf wahlstrategische Überlegungen „Verantwortung“ zu übernehmen und zu „handeln“. Anlässe gäbe es genug. Auch im Rahmen der Rolle, die einem Präsidenten laut Verfassung zukommt. Sie könnten klare Worte finden zum Thema Arigona Zogaj, es gäbe einiges zu sagen, wie Österreich die Mitwirkung in der EU als Chance wahrnehmen könnte anstatt den Unions-Gegnern das Feld zu überlassen, ein Bundespräsident könnte sich aktiv für eine Verwaltungsreform einsetzen und und und….
Herr Fischer, Sie sind auch ein sympathischer Grüßaugust in der Hofburg. Ich glaube aber, dass auch 2010ff einige saure Wiesen in Österreich trocken zu legen wären. Sie könnten da einiges bewirken.
Gratulation zum Wahlsieg!

Nach oben