„Kongo: Susan Schulmann – Überleben in einem vergessenen Land“ heißt die aktuelle Ausstellung in der Galerie Westlicht. Die Koordinaten kurz durchdekliniert: Ein verdienstvoller „Schauplatz für Fotografie“ in einer der Schickimicki-Gegenden Wiens, eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit Ärzte ohne Grenzen und ein Thema, das gerade in der Vorweihnachtszeit voll in die Magengrube trifft. Und so war auch ich an diesem nebeligen Adventsonntag-Nachmittag betroffen: Im Zentrum standen Menschen. Kongolesen, die offensichtlich Schwierigkeiten hatten, in die Kamera einer weißen Fotografin zu blicken, weil ihnen der Blick einer weißen Frau vielleicht ebenso feindlich vorkam wie der der kongolesischen Milizen. Nach meiner Runde in der Galerie würgte mich das große „Aber“. Susan Schulmann sitzt mit ihren Bildern zwischen den Stühlen. Künstlerisch kann man sich einem Thema wie diesem ohnehin nur schwer nähern. Ein dokumentarischer Zugang müsste für einen Mitteleuropäer zu weit ausholen. Mal ehrlich: Selbst die Besucher der Galerie Westlicht (inklusive meiner Wenigkeit) haben goßteils wenig bis keine Ahnung von den politischen Zusammenhängen in Zentralafrika. Also bleibt die menschliche Schiene. Verzweiflung, Dreck, Hoffnungslosigkeit. Alles richtig. Alles verursacht dieses unangenehme Gefühl in der Magengrube. Aber: Was hilft es, wenn das ein paar Besucher einer Galerie im 7. Bezirk erreicht? Wer stellt die persönliche Geschichte dieser Menschen, ihre Armut, ihren Hunger, ihre Verzweiflung in einen politisch-historischen Kontext?
Ich hätte mich besser gefühlt, hätte mir an diesem Sonntagnachmittag jemand gesagt, wie ich hier in Wien irgend eine sinnvolle Position zur Lage im Kongo beziehen kann (und sei es nur mit einer gewissenserleichternden Spende). Als Afrikanist hätte ich mich noch wohler gefühlt, wenn das transportierte Afrikabild der Ausstellung etwas differenzierter ausgefallen wäre. Kindersoldaten, Vergewaltigung und Flüchtlingselend sind ein Teil der afrikanischen Realität. Ich weiß, dass es auch noch einen andere gibt. Wer nur diesen Teil der Realität als Inhalt für seine dokumentarische Arbeit wählt, hat umso mehr die Pflicht, seinen Zuschauern Wege aufzuzeigen, wie sie mit dem Thema umgehen können. Manche Bilder brauchen einen Rahmen.