Punkrock Mama

Flyer Patti Smith
Flyer Patti Smith

Der Regen machte Pause als Patti Smith auf der Open Air Bühne des Schlachthof Wels stand. Die Patti Smith, die Mitte der 1970er Jahre das poetische Verständnis der Beat Generation mit simplen Gitarrenakkorden koppelte, die Frau die das politische Bewusstsein der Hippiebewegung in einer Aggressivität zum Ausdruck brachte, die zwei, drei Jahre nach ihrer ersten Platte als Punk um die Welt fegte. Patti Smith, die Mutter des Punkrock.

Vorigen Samstag stand eine hagere Frau mit wehenden Haaren und dem obligatorischen Schlabber-Sakko vor 1.500 Besuchern. Auch mit knapp 60 Jahren schafft es Patti Smith, Wut und Zorn lautstark und vor allem glaubhaft herauszubrüllen. Sie vertraut nach wie vor auf die Macht des Wortes und die Kraft ihrer Stimme. Vor allem die jüngere Hälfte des Publikums war beeindruckt, dass ein Mensch in einem Alter, in dem andere an den Ruhestand denken, noch so kämpferisch sein kann.
Es klingt zwar heutzutage schon etwas seltsam, wenn jemand Slogans wie „People have the power“ beschwört. Und doch tut es gut, sie von einer Frau zu hören, die das wirklich glaubt und die darauf vertraut, dass jeder Mensch sich gegen äußere Zwänge auflehnen kann, um ein Stück Freiheit für sich selbst zu erreichen. Viele ältere Konzertbesucher schwelgten da offensichtlich in Nostalgie.
Obwohl es nicht wirklich regnete, war es doch recht kühl in Wels. Patti Smith legt offensichtlich nicht sehr viel Welt darauf, welches Bild sie abgibt und band sich einfach einen großen Schal um den Kopf. „Sorry, my ears are cold!“ grinste sie und machte weiter. Sie zeigte die gesamte Bandbreite ihres Musikschaffens aus mehreren Jahrzehnten: Sanfte Nummern, die sich bei Raggae oder Country bedienen, hymnische Rocksongs wie das in Kollaboration mit Bruce Springsteen erarbeitete „Because the Night“, ausgedehnte Improvisationen (etwa beim Thems-Cover „Gloria“) oder wütende Ausritte wie „Rock’n’Roll Nigger“ bei dem sie fachgerecht alle Saiten der Stromgitarre abriss.
Einen Song habe ich vermisst: „Smells like Teen Spirit“, die aus meiner Sicht beste Nummer auf Smiths letzten Album, das ausschließlich Coverversionen enthielt. Sei’s drum! Ich habe Patti Smith gesehen. Sie hat ihre Fäuste erhoben und sich lautstark und mit Stolz „Outside of Society“ gestellt. Und die Mutter des Punkrock hat uns geraten, nach dem Konzert Tee zu trinken, um uns aufzuwärmen.

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