Zwei Jahre hat es gedauert, bis dieser Film über das italienische Prekariat seinen Weg in die österreichischen Kinos gefunden hat. Dabei funktioniert diese Komödie auf allen Ebenen: Hirn und und Herz werden gleichermaßen angesprochen, lachen kann man dabei auch und das sogar ausgiebig. Dass der Film-Exportverantwortliche von Berlusconis Gnade uns das so lange vorenthalten hat liegt wohl daran, dass es hier um sehr explizit vorgetragene Kritik an des Meisters Italien geht. Ein Italien, in dem Fernsehunterhaltung noch seichter ist wie anderswo und in dem man sich mit Hingabe der Aufrechterhaltung des schönen Scheins widmet. Auch wenn es hinter der Fassade schon längst ordentlich bröckelt.
Marta, die Hauptfigur des Films, hat ihr Philosophie-Studium „summa cum laude“ abgeschlossen. Doch das interessiert mit Ausnahme einiger seniler Professoren niemand. So landet sie als Telefonistin in einem Call-Center und schafft es dort relativ rasch im Tele-Sales ganz gute Erfolge zu erzielen. Bei der Beschreibung der fragwürdigen Verkaufs- und Motivationstechniken des Arbeitgebers hat der Film seine besten Momente. Der verordnete Frohsinn steckt an, auch wenn oder gerade weil dahinter die Abgründe lauern und ein falsches Wort oder ein schlechtes Tages- oder Wochenergebnis das Aus für die Mitarbeiter bedeuten können.
Paolo Virzì hat mit Tutta la vita davanti einen rasant erzählten Film geschaffen und sich dabei etwas zu viel vorgenommen: Humorvolle Darstellung der ökonomischen Verhältnissen in Italien samt Kritik an den hilflosen Maßnahmen der Gewerkschaften, verzwickte Liebesgeschichte(n), ein wenig Medienkritik und sogar noch ein paar Ausflüge in die Philosophie von Plato bis Heidegger.
Dass das insgesamt gut geht, ist einerseits der Leistung des Schauspieler-Personals zu verdanken und andererseits der Leichtigkeit und Dynamik der Inszenierung. Virzi ist mit seiner Prekariatskomödie ein ebenso amüsantes wie bissiges Statement zu den italienischen Verhältnissen gelungen. Für ein Meisterwerk ist sie aber doch zu geschwätzig.