Ich, ein Mann mittleren Alters, habe diesen Sonntagnachmittag mit meiner Freundin in der Sonne verbracht. Nach einem kleinen Nickerchen in der Wiese stellte ich fest, dass der Akku meines Smartphones leer war. Also nahm ich das Nachrichten-Magazin profil zur Hand.
Dort fand ich in dem Artikel „Netzkampagagnen“ von Christa Zöchling (den es leider nicht nun auch online gibt; siehe hier) alle Vorurteile bestätigt, die man diesen Internet-Nerds gegenüber pflegt: Sie sind jung, männlich, schlafen nie [1] (wahrscheinlich wegen dieses Teufelszeugs Club-Mate), tragen Kapuzenpullis (die sie wahrscheinlich nur selten waschen), haben es schwer bei der Anbahnung von Geschlechtsverkehr [2] und reden in dubiosen Hinterzimmern über Dinge, die ich als normaler Mensch nicht kenne und die mich deshalb auch sicher nicht betreffen [3]. Von den wirklich wichtigen Dingen wie etwa der Weltwirtschaft haben diese Menschen allerdings wenig Ahnung [4].
Doch lesen Sie selbst. Hier einige Auszüge aus dem Artikel über die Funktionäre der Nerd-Interessensvertretung (erschienen im Nachrichten-MGagazin profil, Nr. 13, am 26. März 2012, S. 40-41)
[1]
„Diese Nerds, die rund um die Uhr, so scheint es, im Netz hängen, nicht allein aus beruflichen Gründen…“
[2]
„Es handelt sich überwiegend um junge Männer, die es in ihrer Pubertät vermutlich schwerer hatten, eine Freundin zu finden, als die Fraktion der Discogeher.“
[3]
„Allwöchentlich treffen sich die Aktivisten der Bewegung im Hinterzimmer eines Wiener Studentenbeisls. Der Raum ist bis zum Bersten gefüllt und der Lärmpegel hoch. Es geht um „INDECT, IPRED, CORDIS, Taskforces und Liquid Democracy“ und vieles mehr, was ein normaler Mensch noch nie gehört hat. Die wahnwitzige Ausdehnung der Computerzeit und die daraus resultierende Verknappung der menschlichen Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ziehen offenbar einen gewissen Sprechdurchfall nach sich.“ (Die Hervorhebungen sind von mir.)
[4]
„In der Debatte über die Finanzkrise bewegen sich die Piraten, wenig überraschend, entlang der weit verbreiteten Verschwörungstheorien.“
Danach war ich sprachlos… (Aber leise dachte ich an den Wolfgang Lorenz Gedenkpreis für internetfreie Minuten.)