Guten Tag Herr Fellner,
da mein Schreiben vom 11. Oktober 2014 (Kopie anbei) nicht die gewünschte Wirkung gezeigt hat, wende ich mich mit meinem Anliegen nochmals an Sie.
Wie den Medien zu entnehmen war, hatten Sie in den vergangenen Tagen viel zu tun. Sie mussten mit Ihren über 500 Weggefährten – „von Kanzler Faymann über Dompfarrer Toni Faber bis zu Larissa Marolt waren alle dabei!“ – unentwegt in Kameras lächeln und nebenbei auch noch täglich Dinge auf buntes Papier drucken lassen, die auf den ersten Blick wie Journalismus wirken. Das ist bestimmt anstrengend. Sie sind ja keine 30 mehr.
Ihr Erinnerungsvermögen ist offensichtlich auch nicht mehr das beste. In einem APA-Interview haben Sie eingestanden: „Tiefen fallen mir ehrlicherweise keine ein, weil ich ein optimistischer Mensch bin.“ Dabei gäbe es viele journalistische Tiefpunkte in den bunten Druckwerken, mit denen Sie dieses Land in Ihrem langen Leben beglückt haben. (Zur Auffrischung Ihrer Erinnerung empfehle ich die Lektüre des Medienwatchblogs Kobuk.)
Doch darum geht es mir nicht. Mir geht es um die marketingseitigen Tiefpunkte. Mit einem davon sind Sie jetzt schon zum zweiten Mal über meine Grenzen gegangen. Diese verläuft genau beim Einwurfschlitz meines Postfachs. Dort beginnt nämlich meine Privatsphäre. Der Aufkleber „Bitte kein Werbematerial“ (ein Foto davon habe ich Ihnen bereits meinem letzten Schreiben beigelegt) ist ein klares Signal dafür, dass ich es nicht besonders schätze, wenn diese Grenze überschritten wird. Für Sie ist das eine „normale Marketingaktion“, die Sie auch noch wiederholen wollen!
„Der erste Testlauf in dieser Woche hat wirklich großartig funktioniert – schauen wir mal, wie oft wir das in Zukunft machen. Es hat jedenfalls Spaß gemacht.“
Herr Fellner, selbst wenn Sie – wie schon bei meinem letzten Schreiben – die Postgebühr übernehmen, macht es mir keinen Spaß, Ihre Privatadresse zu recherchieren und Ihnen Ihr bunt bedrucktes Papier zu retournieren. Es macht mir auch keinen Spaß, Ziegelsteine zu suchen. Einen solchen habe ich Ihnen nämlich mitschicken müssen, damit Sie einen Briefbeschwerer haben, bei dem ich mich darauf verlassen kann, dass mein Brief auf Ihrem Tisch liegen bleibt, wenn Sie in einem Ihrer cholerischen Anfälle mit Ihren Armen Windmühle spielen. Lassen Sie mich bitte nicht noch einmal wie Don Quijote dagegen ankämpfen!
Ich verbleibe in der Hoffnung auf positive Erledigung meines Anliegens!
Werner Reiter